Der Progr-Hof ist ein eigenständiger Teilraum im öffentlichen Raum. Er ist sowohl öffentlicher Raum wie auch Hof, Teil der Stadt und Ort für Kunstschaffende. Diese Doppeldeutigkeit ist eine grosse Qualität des Progrs, sie macht den Reiz dieses speziellen Orts in Bern aus. Gerät sie ausser Balance, kippt die Doppeldeutigkeit in Eindeutigkeit, und die Aura des Progrs verflüchtigt sich. Zum Beispiel, wenn der Hof privatisiert und nur hochselektiv zugänglich würde. Oder andererseits, wenn Nutzende, die den Progr als Produktionsort von Kunst nicht kennen, den Hof gänzlich in eine Fortsetzung der Partymeile an der Aarbergergasse überführen würden. Das Konsumverhalten in der Gastro-/Nachtlebenzone der Altstadt führt momentan zu Nutzungskonflikten und teilwiese zu einer Stimmung, welche die Mieter:innen des Progr vom Hof entfremdet.
Der Hof soll zu den angrenzenden öffentlichen Räumen durchlässig und im Austausch bleiben, sich aber als eigenständiger Raum zu erkennen geben. Dem Charakter des Progr-Hofs als Raum, der sich als öffentlich zugänglicher, wie auch als Ort von und für Kunstschaffende bildet, ist höchste Rechnung zu tragen. Ihm gilt der zentrale inhaltiche und gestalterische Fokus.
Der Pavillon spielt die Mitte des Progr-Hofs frei. Damit entsteht die Grundlage für eine flexible Organisation und Aneignung des gesamten Hofraums. Ziel ist, den Hof funktional nicht zu übercodieren. Demzufolge konzentriert sich das Projekt auf die wesentlichen stablien Strukturen und verzichtet auf Mobiliar. Die Möblierung sollte wie bis anhin vielfältig bleiben. Sie soll keinem corporate design unterworfen werden, sondern eher dem Wandel der Zeit. Gedeckte Bühnen oder ähnliche Strukturen können nach wie vor Bestandteil des Hofs sein – nicht jedoch als feste Bauten, sondern eher als Teil der flexiblen, temporären Raumgebilde.
Indem der Pavillon an den Rücken des Speichergassbrunnens andockt, bildet er räumlich und semantisch die Schnittstelle zwischen Hof und Strasse. Dies fördert die Sichtbarkeit des Progrs und seine Funktion. Mit der Verortung des Pavillons als Scharnier zwischen Hof und Strasse wird der mehrdeutigen Beziehung von Progr und Stadtraum eine zentrale Bedeutung verliehen.
Der Progr-Hof wird von einem Rahmen gefasst und umfasst eine Mitte, welche durch die Bepflanzung in zwei Teilräume geteilt wird. Es entsteht eine offene und frei bespielbare Hofhälfte, welche für saisonale Kuratierungen und Veranstaltungen Raum gibt. Als Gegenüber entsteht ein Teil mit dichter Bepflanzung und intimen Aufenthaltsflächen im Wohnzimmerflair. Durch die sanfte Teilung des Hofes mittels Bepflanzungsdichte wird die Mitte des Hofs räumlich geklärt, lässt aber eine freie Nutzung der Flächen zu.
Durch das Ausschneiden der Hofmitte wird die Kofferung des Asphaltbelags freigelegt, welche als Grundlage für den Kiesbelag fungiert. Dieser wird mit einer dünnen Kiesschüttung ergänzt, wodurch der schonende Umgang mit bestehenden Materialien gewährleistet ist. Punktuell werden dünne Humusschichten aufgetragen, um die Wachstumsbedingungen für die Vegetation zu verbessern. Auch der dadurch entstandene Rahmen aus Asphalt bleibt aus dem bestehenden Material. Hier sind über das ganze Jahr fixe Nutzungen, wie Sitzstufen für Aufenthalt und Zugangstreppen, angeordnet. Materialien dieser Treppen bestehen aus mineralischen Elementen wie den Steinblöcken des alten Mauersockels, alten Randsteinen und Beton für die untergeordneten Zugangstreppen der Ateliers. Diese Materialwahl strahlt eine Permanenz aus, welche den Progr im Freiraum verankert.
Die Begrünung wird in drei unterschiedliche Schichten aufgeteilt. Als erste und oberste Schicht dient die bestehende Baumpflanzung, welche erhalten bleibt und ein tragendes Grundgerüst bildet. Die Ahorne und Platanen werden bei einer Beschädigung mit möglichst der gleichen Baumart ersetzt. Die zweite Schicht bildet eine Strauchpflanzung, welche aus mehrstämmigen schirmförmigen Sträuchern, etwa wie Felsenbirnen (Amelanchier ovalis) und Feldahorn (Acer campestre), besteht. Sie schwebt zwischen Boden und den hohen Baumwipfeln der Bestandsbäume und formt kleinere Teilräume, aus welchen Aufenthaltsnischen entstehen. Dazu zählt auch die bestehende Berankung des Zaunes beim Aussenraum des Lehrerzimmers. Die dritte Schicht befindet sich auf Ebene des Bodens. Hier verbreitet sich flächenweise eine Ruderalflur, welche Dynamik und Störung zulässt oder gar erwünscht. Sie schmückt den Progr-Hof mit bunten Farbtupfern der Blüten und fördert als Nahrungsquelle für fliegende Insekten die Biodiversität der Stadt.